Frage: Wie bin ich zum Schreiben gekommen?
Antwort: So ähnlich wie die Jungfrau zum Kind.
Viele Autoren berichten davon, dass sie seit ihrer Kindheit Geschichten geschrieben haben. Das war bei mir nicht der Fall. Mein Kopf war zwar schon immer voll mit Ideen und Storys, aber sie aufzuschreiben, kam mir nie in den Sinn.
Auch als Leseratte würde ich mich nicht bezeichnen. Ich lese gerne, doch es kommt auf meine Lebenssituation an, wie viel oder wenig.
Also wie kam ich dazu?
Am Anfang stand meine Reise durch Australien. Dort lernte ich neben vielen anderen tollen Menschen meinen späteren Mann kennen. Einen Briten, für den ich nach London gezogen bin. London ist bekanntlich eine große Stadt und die Wege zur Arbeit lang. Zu der Zeit habe ich unheimlich viele Bücher in Zügen, Bussen und U-Bahnen gelesen – ja, mein Lesevolumen kommt auf meine Lebenssituation an.
Schließlich feierten wir Hochzeit und ein Jahr später folgte – vorhersehbar – der erste Hochzeitstag. Ich forschte im Internet, was ich ihm hierzu schenken könnte. Dabei entdeckte ich, dass das erste Hochzeitsjubiläum unter dem Motto ‘Papier’ steht.
Ich musste nicht lange darüber nachdenken. Die Idee war sofort da. Ich wollte ihm die Geschichte aufschreiben, wie wir uns kennengelernt haben.
Ich hatte keine Schreibpraxis, aber wegen des vielen Lesens fühlte ich mich fähig, dieses Projekt anzugehen. Und … es machte einen riesen Spaß! Es erreichte die Länge einer guten Kurzgeschichte, etwa 100 Seiten.
Weil mein Mann kaum Deutsch spricht, musste ich es natürlich auf Englisch aufschreiben und bat zwei Freunde es zu lesen und grammatikalisch zu korrigieren. Die beiden waren ganz begeistert und meinten, ich solle doch öfter Geschichten zu Papier bringen. Ein liebes Kompliment! Aber vorerst hatte ich dafür keine Zeit.
Mein Mann hat sich sehr über das Geschenk gefreut und die Geschichte noch am selben Nachmittag gelesen.
Bald danach wurde unser Sohn geboren und nicht allzu viel Zeit später unsere Tochter. Ich genoss meine neue Rolle als Mutter (mit all ihren Höhen und Tiefen), war zwischendurch zurück im Berufsalltag und machte mich später als Translator selbständig. So flitzten die Monate und Jahre dahin.
Und dann kam dieser eine Tag im März.
Es war der Tag vor dem 3. Geburtstag meiner Tochter. Dafür hatte sich natürlich die ganze Familie angesagt und ich wollte das Haus gründlich putzen. Ich hatte ein Zeitfenster von wenigen Stunden, in denen die Kiddies im Kindergarten waren.
Am Morgen hatte ich kurz den Laptop offen. Ich weiß nicht mehr, warum. Irgendwie stöberte ich in dieser Datei herum, in der die Kurzgeschichte meines Mannes gespeichert war.
Und dann … war sie plötzlich da. Die Geschichte von Lena und Jamie. Einfach so. Der gesamte Plot lag so glasklar vor mir, als ob die beiden hinter mir stünden und es mir erzählen würden. Und da das Schreibprogramm ohnehin geöffnet war, fing ich an, es aufzuschreiben.
Überflüssig zu sagen, dass an dem Tag nichts mehr geputzt wurde.
Von da an nutzte ich jede freie Sekunde, um an der Story zu schreiben, zu basteln und zu schrauben. Es war ein irres Gefühl, mit meinen Protagonisten zu lachen, zu weinen, zu träumen und zu lieben.
Das Grundgerüst entstand fernab von jedem Gedanken an Publishing oder dem Wunsch, Autor zu werden. Und als diese Idee langsam Gestalt annahm, musste ich mich sehr vielen Zweifeln stellen.
Kann ich einfach so ein Buch veröffentlichen? Will sowas überhaupt jemand lesen? Und kann ich es auf Deutsch schreiben, wenn mein Alltag sich auf Englisch um mich dreht?
Ich habe diese Fragen einfach mit ‘Ja’ beantwortet und weitergemacht. Wer zu viel zweifelt, kommt nie an.
Die Geschichte schwoll auf über 500 Normseiten an, weil ich gar nicht mehr aufhören konnte zu schreiben. Daraus wurde mein erster – ja Wahnsinn – selbstgeschriebener Roman ‘Zitronengelb’.
So kam ich zum Schreiben. Meine Liebe dazu ist seither noch nicht abgeflacht. Eine weitere Geschichte hat sich inzwischen in meinen Kopf geschoben und wieder schreibe ich sie auf. Das Abenteuer geht weiter!